Barrierefreies Design, oft auch Universelles Design oder Design für Alle genannt, geht weit über die Erfüllung von Normen hinaus. Es ist ein Gestaltungsansatz, der Produkte, Umgebungen und Dienstleistungen für alle Menschen zugänglich und nutzbar macht – unabhängig von Alter, Fähigkeiten oder Lebenssituation. Dieser Ansatz bietet nicht nur Menschen mit Behinderungen Vorteile, sondern erhöht Komfort, Benutzerfreundlichkeit und Ästhetik für jeden. Inklusion ist das Ziel, durchdachte Gestaltung der Weg.

Die Entwicklung des barrierefreien Designs

Die Wurzeln des barrierefreien Designs liegen in den USA der 1980er Jahre. Ronald L. Mace, ein Architekt, der selbst einen Rollstuhl nutzte, prägte den Begriff des Universellen Designs maßgeblich. Sein Engagement führte bereits 1973 zur ersten baurechtlichen Regelung der Barrierefreiheit in North Carolina. Ein wichtiger Meilenstein war die Veröffentlichung der ‘Sieben Prinzipien des Universellen Designs’ im Jahr 1997 durch das Center for Universal Design an der North Carolina State University. Diese Prinzipien sind bis heute eine Grundlage für inklusive Gestaltung.

Design für Alle in Europa

In Europa entwickelte sich parallel das Konzept ‘Design für Alle’, das 1996 im Europäischen Konzept Zugänglichkeit (ECA) verankert wurde. Die ‘Tomarer Resolution’ von 2001 – eine europäische Vereinbarung zur Förderung der Zugänglichkeit – und die UN-Behindertenrechtskonvention von 2008 unterstreichen die Bedeutung des Universellen Designs. Die UN-Konvention definiert Universelles Design als Gestaltung, die ohne Anpassung von allen genutzt werden kann, wobei Hilfsmittel für spezifische Gruppen nicht ausgeschlossen sind. Das europäische ‘Design for all’ betont eine Umwelt, die für jeden komfortabel, sicher und angenehm ist, und vermeidet eine Kategorisierung in behinderte und nichtbehinderte Menschen. Mehr Informationen sind bei EPH Barrierefreiheit zu finden.

Die Weimarer Erklärung

Ein wichtiger Impuls für die Weiterentwicklung des Universellen Designs war die Expertenkonferenz in Weimar im Jahr 2009. Die dort verabschiedete ‘Weimarer Erklärung’ betont, dass Universelles Design die Gestaltung von Produkten und Umgebungen für alle Menschen zum Ziel hat, ohne Anpassungen. Sie unterstreicht die Verantwortung der Gestaltung in Bezug auf Funktionalität, Ergonomie, Benutzerfreundlichkeit und Ästhetik – besonders im Hinblick auf den demografischen Wandel.

Barrierefreiheit und Design für Alle

Im deutschsprachigen Raum ist nullbarriere.de seit 2001 ein zentrales Fachportal für barrierefreies Bauen mit umfassenden Informationen zu DIN-Normen, Gesetzen und Richtlinien. Diese Normen, wie die DIN 18040, definieren detaillierte Anforderungen, um eine selbstständige Nutzung für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten. Barrierefreiheit ist in Deutschland in Landesbauordnungen verankert. Wikipedia bietet hierzu weiterführende Informationen.

Umfassender Ansatz

‘Design für Alle’ geht über die reine Normerfüllung hinaus. Es betrachtet Barrierefreiheit als integralen Bestandteil guten Designs und gestaltet Produkte und Umgebungen so, dass sie von allen Menschen in allen Lebenssituationen genutzt werden können. Ästhetik und Benutzerfreundlichkeit sind ebenso wichtig wie technische Zugänglichkeit. Obwohl ‘Design für Alle’ in Deutschland nicht gesetzlich verankert ist, fördern Initiativen wie der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention dieses Konzept. Auch hierzu bietet Wikipedia weitere Details.

Ein kontinuierlicher Prozess

Wichtig ist zu verstehen, dass ‘Design für Alle’ kein einmaliges Projekt ist, sondern ein fortlaufender Prozess. Er erfordert ständige Anpassung, Feedback und die aktive Beteiligung der Nutzer. Nur so kann sichergestellt werden, dass Produkte und Umgebungen wirklich inklusiv sind und den Bedürfnissen aller Menschen gerecht werden.

Die Prinzipien des Universellen Designs

Die sieben Prinzipien des Universellen Designs, die in den USA entwickelt wurden, sind ein Kernbestandteil des ‘Design für Alle’-Ansatzes. Sie bieten einen Rahmen für inklusive Gestaltung:

  • Gleiche Nutzung: Das Design ist für Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten nützlich und ansprechend. Beispiel: Ein Museum bietet Informationen zu Exponaten sowohl visuell als auch auditiv und taktil an, sodass sie für Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen sowie für sehende und hörende Besucher gleichermaßen zugänglich sind.
  • Flexibilität in der Nutzung: Das Design berücksichtigt individuelle Vorlieben und Fähigkeiten. Beispiel: Eine Software ermöglicht die Anpassung von Schriftgröße, Kontrast und Bedienung, sodass sie sowohl von Menschen mit Sehbehinderungen als auch von Nutzern mit unterschiedlichen Präferenzen verwendet werden kann.
  • Einfache und intuitive Nutzung: Das Design ist leicht verständlich, unabhängig von Erfahrung oder Konzentration. Beispiel: Ein Fahrkartenautomat mit klarer Menüführung und verständlichen Symbolen, der auch von Menschen ohne Vorkenntnisse leicht bedient werden kann.
  • Wahrnehmbare Informationen: Das Design kommuniziert Informationen effektiv, unabhängig von Umgebungsbedingungen oder sensorischen Fähigkeiten. Beispiel: Ein Bahnsteig mit taktilen Leitsystemen und kontrastreicher Beschilderung, der sowohl für sehbehinderte als auch für sehende Menschen gut wahrnehmbar ist.
  • Fehlertoleranz: Das Design minimiert Gefahren und negative Folgen unbeabsichtigter Handlungen. Beispiel: Ein Online-Formular mit klaren Fehlermeldungen und Korrekturmöglichkeiten, das verhindert, dass Nutzer versehentlich falsche Daten eingeben.
  • Geringer körperlicher Aufwand: Das Design kann effizient und bequem genutzt werden. Beispiel: Ein Türöffner, der ohne großen Kraftaufwand bedient werden kann, sodass er auch für Menschen mit körperlichen Einschränkungen leicht zu benutzen ist.
  • Größe und Platz für Zugang und Nutzung: Das Design bietet ausreichend Platz für Zugang und Nutzung, unabhängig von Körpergröße oder Mobilität. Beispiel: Ein rollstuhlgerechter Arbeitsplatz mit ausreichend Bewegungsfreiheit, der auch für Menschen mit unterschiedlichen Körpermaßen geeignet ist.

Weitere wichtige Aspekte

Über diese Prinzipien hinaus werden Aspekte wie Konsequenz, Nachhaltigkeit, Attraktivität und Komfort immer wichtiger. Design for All geht hier ins Detail. Organisationen wie das Kompetenznetzwerk Design für Alle – Deutschland e.V. (EDAD) und die Design for All Foundation fördern ‘Design für Alle’ durch Netzwerke und Auszeichnungen.

Anwendungsbereiche von Barrierefreiheit

Barrierefreies Design findet in zahlreichen Bereichen Anwendung und verbessert die Lebensqualität vieler Menschen:

  • Städtebau: Barrierefreie Straßen, Plätze und Verkehrsmittel ermöglichen allen die Teilhabe am öffentlichen Leben. Konkret bedeutet das beispielsweise abgesenkte Bordsteine, taktile Leitsysteme für Blinde und Sehbehinderte, breite Gehwege und Rampen anstelle von Treppen.
  • Wohnungsbau: Stufenlose Zugänge, breite Türen, höhenverstellbare Küchenelemente und Badezimmer mit ausreichend Bewegungsfläche bieten Komfort und Sicherheit für alle Bewohner, unabhängig von Alter oder Mobilität.
  • Produktdesign: Universell gestaltete Produkte zeichnen sich durch einfache Bedienbarkeit und intuitive Nutzung aus. Beispiele hierfür sind Toaster mit gut erreichbaren und klar beschrifteten Tasten, Tassen mit wärmeisolierten und leicht zu greifenden Henkeln oder Smartphones mit anpassbarer Schriftgröße und Kontrasteinstellungen. Mehr dazu findet sich bei Bayern Barrierefrei.
  • Webdesign: Barrierefreie Webseiten, wie von Barrierefreies Webdesign beschrieben, zeichnen sich durch hohe Kontraste, alternative Texte für Bilder, Tastaturbedienbarkeit und eine klare Struktur aus. Dies ermöglicht Menschen mit Sehbehinderungen, Screenreader zu verwenden und die Inhalte der Webseite zu erfassen.
  • Printmedien: Die DIN 1450 und die Webseite Leserlich.info, herausgegeben von der Bundesfachstelle Barrierefreiheit, bieten Empfehlungen für barrierefreie Printmedien. Dazu gehören beispielsweise gut lesbare Schriftarten, ausreichende Schriftgrößen und Kontraste sowie die Vermeidung von glänzendem Papier.
  • Digitale Produkte und Dienstleistungen: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das 2025 in Kraft tritt, verpflichtet Unternehmen zu barrierefreien digitalen Angeboten. Dies betrifft beispielsweise Online-Shops, Banking-Apps und digitale Fahrkartenautomaten. Mehr Informationen dazu finden sich auf BFSG.

Das Zwei-Sinne-Prinzip

Ein wichtiger Aspekt des BFSG und der Barrierefreiheit im Allgemeinen ist das Zwei-Sinne-Prinzip. Es besagt, dass Informationen möglichst über mehr als einen sensorischen Kanal vermittelt werden sollen. Für Webseiten bedeutet dies beispielsweise, dass visuelle Informationen auch in Textform (z.B. durch Alternativtexte für Bilder) oder akustisch (z.B. durch Vorlesefunktionen) zugänglich gemacht werden müssen. Dies stellt sicher, dass Menschen mit unterschiedlichen Sinneswahrnehmungen die Informationen gleichermaßen erfassen können.

Normen und Standards

Neben den bereits erwähnten Normen wie der DIN 18040 spielt auch die DIN EN 17210 ‘Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umgebung – Funktionale Anforderungen’ eine wichtige Rolle. Diese europäische Norm zielt darauf ab, einen umfassenderen und europaweit einheitlichen Standard für Barrierefreiheit zu schaffen, der den demografischen Wandel und die damit verbundenen körperlichen Veränderungen berücksichtigt. Sie ergänzt und erweitert die Anforderungen der DIN 18040, wie Demo Online erläutert.

Inklusives Design: Mehr als nur Barrierefreiheit

Inklusives Design geht noch einen Schritt weiter als barrierefreies Design und berücksichtigt die Vielfalt aller Menschen in Bezug auf Alter, Geschlecht, kulturellen Hintergrund, sozioökonomischen Status und mehr. Es vermeidet Stereotypen und strebt danach, Produkte und Umgebungen zu schaffen, die für alle ansprechend und zugänglich sind. Ein Beispiel hierfür ist die Gestaltung von Produkten, die nicht geschlechtsspezifisch konnotiert sind, oder die Verwendung einer Bildsprache im Corporate Design, die Diversität widerspiegelt. wederundnoch.de bietet hierzu interessante Einblicke. Auch die Gestaltung von Benutzeroberflächen, die verschiedene Hauttöne berücksichtigen, ist ein wichtiger Aspekt, wie er bei SRF diskutiert wird.

Wirtschaftliche Vorteile von Barrierefreiheit

Barrierefreies Design ist nicht nur eine Frage der sozialen Verantwortung, sondern bietet auch handfeste wirtschaftliche Vorteile für Unternehmen. Durch die Umsetzung barrierefreier Produkte und Dienstleistungen erschließen Unternehmen eine deutlich größere Zielgruppe. Laut conlabz GmbH leben etwa 15% der Weltbevölkerung mit einer Behinderung – ein enormes Marktpotenzial. Darüber hinaus verbessert barrierefreies Design die allgemeine Benutzerfreundlichkeit, was zu einer höheren Kundenzufriedenheit und -bindung führt. Auch die Suchmaschinenoptimierung (SEO) profitiert, da barrierefreie Webseiten von Suchmaschinen in der Regel besser bewertet werden, wie designhoch10.de erläutert. Nicht zuletzt hilft die Einhaltung von Gesetzen wie dem BFSG, kostspielige Rechtsstreitigkeiten und Bußgelder zu vermeiden, wie cloudcomputing-insider.de betont.

Barrierefreies Design als Zukunftsmodell

Barrierefreies Design ist eine Investition in die Zukunft. Der demografische Wandel und strengere Gesetze wie das BFSG unterstreichen die wachsende Bedeutung. Unternehmen, die auf Barrierefreiheit setzen, erschließen neue Zielgruppen, verbessern die Benutzerfreundlichkeit und stärken ihr Image.

Ausblick

Barrierefreies und inklusives Design sind Ausdruck einer Vision von einer Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigt teilhaben können. Durchdachte Gestaltung, die die Vielfalt der Menschen in den Mittelpunkt stellt, ist der Schlüssel. Es geht darum, Barrieren abzubauen – physische, digitale und soziale – und eine Welt zu schaffen, die für alle zugänglich und lebenswert ist. Dies erfordert ein Umdenken in Design, Politik und Gesellschaft.